Infos für niedergelassene Ärzte
Adipositas ist eine chronische, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannte Krankheit, die lange Zeit als Folge mangelnder Willenskraft und zu großer Esslust galt. Sie wird inzwischen jedoch mit dem metabolischen Syndrom in Verbindung gebracht, das die Appetitregulation und den Energiestoffwechsel beeinträchtigt.
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Morbide Adipositas
Wenn Adipositas einen morbiden (krankhaften) Verlauf nimmt, wird das Übergewicht lebensgefährlich. Die morbide Adipositas ist eine chronische, genetisch bedingte Erkrankung, die ein Leben lang bleibt. Sie ist verbunden mit einer großen Zahl von Begleiterkrankungen, die nicht nur Auswirkungen auf die Gesundheit haben, sondern auch die Lebensqualität verringern und gleichzeitig die Lebenserwartung verkürzen.
Folgen von Adipositas
Gesundheitsrisiken
Adipositas ist ein ernstes Gesundheitsproblem und ist assoziiert mit einer Reihe schwerwiegender Komorbiditäten. Mit steigendem BMI nehmen auch die Begleiterkrankungen zu. Viele Erkrankungen und Zustände adipöser Patienten, die von Ärzten behandelt werden, stehen in direktem Zusammenhang mit der Adipositas.
Mortalität
Jedes Jahr sterben ca. 320.000 Menschen in Europa an direkt mit Adipositas in Zusammenhang stehenden Ursachen.
- Das Risiko, vorzeitig an den verschiedensten Krankheiten zu sterben nimmt mit steigenden BMI zu.
- Adipositas im Erwachsenenalter verringert die Lebenserwartung um ca. sieben Jahre
Geringere Lebensqualität
- körperliche, psychische und soziale Funktionsbeeiträchtigung durch Adipositas
- Vorurteile und Diskriminierung: an Adipositas klebt ein soziales Stigma
- Tägliche Probleme: Kleidung, Reisen, Unterkunft
Auswahl des richtigen Behandlungspfades
Die Behandlung von Adipositas erfordert eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen, da diese Erkrankung mit einer Vielzahl gesundheitlicher Probleme einhergeht und im Verlauf des Lebens unterschiedliche Organsysteme betreffen kann. Daher ist eine individuelle Therapie für jeden Patienten unerlässlich. Bei der Entwicklung eines maßgeschneiderten Behandlungsplans müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, wie der Schweregrad der Adipositas, bestehende Begleiterkrankungen, die Motivation der Patientinnen und Patienten sowie die verfügbaren Therapiemöglichkeiten. Der Behandlungspfad umfasst in der Regel eine Kombination verschiedener Therapieansätze, die auf die spezifischen Bedürfnisse jedes Einzelnen abgestimmt sind. Durch diese integrative Herangehensweise können wir sicherstellen, dass unsere Patienten die bestmögliche Unterstützung auf ihrem Weg zu einem gesünderen Leben erhalten.
Als erste Einteilung um die Behandlungsnotwendigkeit und –optionen einzuschätzen, ist die Berechnung des BMI essenziell – https://www.umm.de/chirurgische-klinik/leistungsspektrum/adipositaschirurgie/body-mass-index/
Übergewicht (BMI 25–30 kg/m2): Lebensstiländerung, ggf. medikamentöse Therapie.
Adipositas Grad I. (BMI ≥ 30 kg/m2): Intensive Lebensstilmodifikation, ggf. Medikamentöse Therapie, verordnungsfähige DIGA (BMI 30-40 kg/m2).
Adipositas Grad II. (BMI ≥ 35 kg/m2): Medikamentöse Therapie, Metabolisch-Bariatrische Chirurgie bei Komorbiditäten, verordnungsfähige DIGA (BMI 30-40 kg/m2).
Adipositas Grad III (BMI ≥ 40 kg/m2): Metabolisch-Bariatrische Chirurgie als vorrangige Option. Medikamentöse Therapie steht als Therapiealternative zur Verfügung.
Sehr schwergradige Adipositas Grad III (BMI ≥ 50 kg/m2): Metabolisch-Bariatrische Chirurgie als vorrangige Option. Medikamentöse Therapie steht als Therapiealternative zur Verfügung, alleinig jedoch meist nicht ausreichend.
Der multidisziplinäre Ansatz
Die Behandlung der Adipositas benötigt einen multidisziplinären Ansatz auch in der Vorbereitung und Nachbehandlung der Operation. Die Säulen der Adipositastherapie bestehen aus konservativer Therapie mittels Lebensstilmodifikation (Ernährung, Bewegung und Verhalten) sowie medikamentöser Therapie und interventioneller Therapie (chirurgische und endoskopische Therapie).
Die Rolle des niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte
Hausärztliche Praxen spielen eine essenzielle Rolle bei der Diagnose von Adipositas sowie der Erfassung möglicher Begleit- und Folgekrankheiten. Angesichts von mindestens 15 Millionen Menschen in Deutschland mit einem BMI ≥ 30 kg/m² ist die hausärztliche Versorgung eine grundlegende Möglichkeit, um flächendeckend Unterstützung für betroffene Personen anzubieten. Unser gemeinsames Ziel ist die langfristige Gewichtsreduktion, verbunden mit einer Verminderung gewichtsassoziierter Risiken und Komorbiditäten. Darüber hinaus setzen wir uns für die Vermeidung von Arbeitsunfähigkeit und vorzeitiger Berentung sowie für die Steigerung der Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten ein. In diesem Zusammenhang ist die Rolle der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von großer Bedeutung.
Adipositasassoziierte Begleitererkrankungen sollten rechtzeitig erkannt werden und bei höhergradiger Adipositas die Patienten an einer auf interdisziplinäre Adipositastherapie spezialisierte Einrichtung überwiesen werden.
Präoperative Untersuchungen
Für die Patienten mit Adipositas, die zur operativen Therapie vorbereitet werden, sind folgende präoperative Untersuchungen notwendig.
- Psychotherapeutische/ psychiatrische Untersuchung
- Endokrinologische Vorstellung zur Abklärung eines Diabetes mellitus, einer Hypothyreose und eines Hyperkortisolismus.
- Durchführen einer Ösophagogastroduodenoskopie mit ggf. Helicobacter pylori Eradikation
Von der Anamnese und Begleiterkrankungen abhängig können folgende Untersuchungen notwendig sein.
- HNO-Ärztliche Untersuchung zur Abklärung eines Schlaf-Apnoe-Syndroms und ggf. Anpassung einer CPAP-Maske.
- Kardiologische Vorstellung zur Abklärung der OP-Fähigkeit, der Belastungsdyspnoe, der Hypertonie.
- Orthopädische Vorstellung zur Abklärung einer immobilisierenden Gelenkerkrankung.
- Pneumologische Vorstellung zur Abklärung der OP-Fähigkeit
Nachbetreuung
In unserem Adipositaszentrum Rhein-Neckar begrüßen wir unsere Patientinnen und Patienten sowohl präoperativ zum Erstgespräch und Zwischengespräche als auch postoperativ zu zunächst vierteljährlichen und später jährlichen Kontrollen.
Wir beraten gerne die Patientinnen und Patienten mit postoperativen Problemen nach bariatrischen Operationen wie zum Beispiel: Dumping Syndrom, anhaltende Schmerzen, Übelkeit oder Erbrechen, Anastomosenulcera, Wiedergewichtszunahme, auch wenn die Patientinnen und Patienten nicht bei uns operiert wurden.
Vorteile der Adipositas-Chirurgie
In der Therapie der morbiden Adipositas (klassische Adipositaschirurgie) bzw. des T2DM (metabolische Chirurgie) spielt die Chirurgie eine wichtige Rolle. Große Studien konnten nach erfolgter chirurgischer Therapie klar einen Vorteil in Bezug auf die Überlebenszeit, die Reduktion kardiovaskulärer Begleiterkrankungen sowie auch das Krebsrisiko im Vergleich zur konservativen Therapie zeigen. Auch die Lebensqualität ist bei operierten Patientinnen und Patienten besser als vor der Operation.
Kosteneffektivität
Auf lange Sicht können die Kosten für die Behandlung von durch Adipositas bedingten Erkrankungen (wie Diabetes, Bluthochdruck oder Gelenkerkrankungen) durch die metablisch- bariatrische Chirurgie gesenkt werden.
Kosten der Adipositasfolgeerkrankungen:
Adipositas ist ein Risikofaktor für eine Vielzahl von Folgeerkrankungen, darunter Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Schlafapnoe, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gelenkprobleme und bestimmte Krebsarten. Die Kosten für diese Erkrankungen setzen sich aus verschiedenen Bereichen zusammen:
- Behandlungskosten: Medikamente, Arztbesuche, Krankenhausaufenthalte, Operationen (z.B. für Gelenkersatz oder Bypass-Operationen), Reha-Maßnahmen.
- Langfristige Pflegekosten: Einige Folgeerkrankungen, wie etwa die Diabetesbehandlung, erfordern oft eine lebenslange medikamentöse Therapie und regelmäßige Arztbesuche.
- Produktivitätsverlust: Menschen mit schweren Adipositasfolgen sind häufiger krank und können öfter aus gesundheitlichen Gründen arbeiten. Dies führt zu einem Verlust an Arbeitsleistung und damit auch zu wirtschaftlichen Verlusten für die Gesellschaft.
- Gesellschaftliche Kosten: Adipositas und ihre Folgeerkrankungen belasten das Gesundheitssystem, da die Behandlung chronischer Erkrankungen häufig hohe Kosten verursacht.
Langfristig betrachtet, können die Kosten der Behandlung von Adipositasfolgeerkrankungen oft die einmaligen Kosten einer bariatrischen Operation übersteigen. Studien haben gezeigt, dass bariatrische Operationen nicht nur das Körpergewicht signifikant reduzieren, sondern auch die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Folgeerkrankungen senken, was langfristig zu geringeren Behandlungskosten führen kann. Eine erfolgreiche Gewichtsreduktion kann zu einer signifikanten Verringerung der Gesundheitsausgaben für Folgeerkrankungen führen, insbesondere für die Behandlung von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkbeschwerden.
Risiken und Komplikationen
Kurzfristige Komplikationen der Operation beinhalten die Nahtinsuffizienz (Klammernahtinsuffzienz oder Anatomoseninsuffizienz) mit einem Risiko von ca 0,4%. Auch Nachblutung nach metabolisch-bariatrischer Operation können auftreten.
Relevant sind aber auch die Probleme und Komplikationen, die im langfristigen Verlauf auftreten können.
Hierzu zählt:
- Sodbrennen (vor allem nach Schlauchmagenoperation)
- Dysphagie
- Dumping Syndrom (vor allem nach Magenbypass)
- Innere Hernie (nach Magenbypass)
- Mangelerscheinungen bei hypoabsorptiven Verfahren
- Anastomosenulzera
Selbstverständlich muss der potentielle Benefit der Operation immer in Relation zum Risiko der Operation (kurzfristig und langfristig) gesetzt werden. Auch bei Problemen im Langzeitverlauf ist jederzeit eine Vorstellung in unserer Sprechstunde möglich.
Konservative Therapie / Pharmakotherapie
Leitliniengerecht soll eine medikamentöse Therapie nur in Kombination mit einer multimodalen Basistherapie zur Gewichtsreduktion durchgeführt werden. Eine medikamentöse Therapie kann bei Patient:innen mit einem BMI ≥ 27 kg/ und assoziierten Risikofaktoren und/oder Komorbiditäten bzw. mit einem BMI ≥ 30 kg/m2 zur Gewichtsreduktion eingesetzt werden.
-Die Wahl der medikamentösen Therapie soll in Abhängigkeit der patient:innenindividuellen Therapieziele, der Verträglichkeit und Sicherheit, der Komorbiditäten, des Wirkmechanismus, der Applikation und des individuellen Ansprechens auf die Medikation getroffen werden. Zur Verfügung stehen aktuell zwei zugelassene Inkretinmimetika (einfacher und dualer Agonist).
Die multimodale Basistherapie zur Gewichtsreduktion kann über digitale Tools unterstützt werden. Digitale Tools und Wearables können zur Selbstbeobachtung im Rahmen des Gewichtsmanagements eingesetzt werden. Telefonbasierte oder internetbasierte Interventionen können eine Gewichtsreduktion erzielen, die mit persönlichen Interventionen vergleichbar ist. App-basierte Interventionen (inkl. Wearables) können die Gewichtsreduktion unterstützen, ersetzen jedoch die persönliche Betreuung durch qualifiziertes Fachpersonal nicht.
Therapie der Adipositas in verschiedenen Alter und bei CED und geplanter Organtransplantation
Grundlage einer Adipositastherapie in jeder Altersstufe sollte ein multimodales Programm sein, das die Komponenten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfasst, da isolierte Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapien nicht zu einem langfristigen Erfolg führen.
Adipositaschirurgie im Kindes- und Jugendalter
Unser Adipositaszentrum bietet auch für Adipositaspatienten im Kindes- und Jugendalter eine multidisziplinäre Behandlung an gemeinsam mit den Kollegen der Pädiatrie, Kinderchirurgie und Kinde- und Jugendpsychiatrie.
Bei einer hohen Zahl an betroffenen Kindern- und Jugendlichen ist ein früher Therapieansatz essentiell um Folgeerkrankungen zu verhindern oder frühzeitig zu beachten. Da Kinder keine „kleinen Erwachsenen“ sind, haben wir für die Beratung und Behandlung eine spezielle Kindersprechstunde eingerichtet.
Adipositaschirurgie in fortgeschrittenem Alter
Ein höheres Lebensalter (≥ 65 Jahre) stellt keine Kontraindikation gegen einen adipositaschirurgischen oder metabolischen Eingriff dar.
Auch ältere Patienten profitieren von den positiven Effekten dieser Operationen, wobei in diesem Lebensabschnitt das Ausmaß der Gesamtgewichtsabnahme geringer ausfallen kann als in jüngerem Lebensalter. Im systematischen Review konnte auch bei diesen Patienten eine niedrige Mortalitätsrate von 0,01 % und eine akzeptable Gesamtkomplikationsrate von 14,7 % festgestellt werden. Die Indikation zur adipositaschirurgischen oder metabolischen Operation soll in diesen Fällen auch vor dem Hintergrund drohender Immobilität und Pflegebedürftigkeit besonders abgewogen werden.
Adipositaschirurgie bei CED
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa stellen per se keine Kontraindikationen für eine adipositaschirurgische oder metabolische Operation dar.
Adipositaschirurgie vor Organtransplantation
Auch in Vorbereitung einer Organtransplantation kann ein adipositaschirurgischer Eingriff sinnvoll und notwendig sein.
Schwangerschaft bei Adipositas und nach bariatrischen Operationen
Übergewicht und Adipositas in der Schwangerschaft
Nach der aktuell gültigen Fassung der Mutterschaftsrichtlinien gelten adipöse Schwangere als Risikoschwangere. Bei Risikoschwangeren können laut Mutterschaftsrichtlinien neben den üblichen Untersuchungen häufigere Kontroll- und Ultraschall-untersuchungen angezeigt sein. Die Mutterschaftsrichtlinien beinhalten keine klaren Empfehlungen zur Versorgung von Schwangeren mit Adipositas, insbesondere auch nicht zur Frequenz und Intensität der fetalen Überwachung.
Eine Empfehlung zur intensivierten Überwachung der Schwangeren ergibt sich aus dem erhöhten Risiko für Präeklampsie (= schwerer Schwangerschaftsbluthochdruck), Schwangerschaftsdiabetes (= Gestationsdiabetes). und Herz-Kreislauf-Komplikationen besonders bei Patientinnen mit schwerer Adipositas (BMI > 40 kg/m2 ).
Studien-Analysen zeigen mehr Totgeburten und neonataler Todesfälle bei übergewichtigen und adipösen Schwangeren. Bei adipösen Schwangeren besteht ein 1,7-3,5fach erhöhtes Risiko einer Totgeburt in Terminnähe (37-40 SSW). Es wird ein Zusammenhang vermutet mit dem bei Adipositas erhöhten Risiko für eine kindliche Wachstumsverzögerung im letzten Schwangerschaftsdrittel und Bluthochdruck.
Schwangerschaft nach Adipositas- und metabolischer Operation
Aufgrund eines eventuellen Mangelzustandes während der Gewichtsabnahme empfehlen wir unseren Patientinnen frühestens zwei Jahr nach der Operation schwanger zu werden.
Es ist sehr wichtig, dass während der Schwangerschaft die Vitamine und Spurenelemente, die wegen der Operation vermindert von Magen und Darm aus der Nahrung aufgenommen werden, ausreichend ersetzt werden Zudem empfehlen wir eine engmaschige Wachstumskontrolle des Fötus
Es gibt keinen Hinweis bezüglich des vermehrten Auftretens angeborener Fehlbildungen.
Es kann, wenn aus geburtshilflicher Sicht keine Kontraindikation vorliegt, eine Spontangeburt erfolgen.
Bei anhaltenden abdominellen Akutschmerzen ist nach postbariatrischen Operationen ist die Patientin unbedingt chirurgisch in einem bariatrischen Zentrum vorzustellen um postbariatrischen abdominellen Komplikationen auszuschließen.
Orale Medikation nach bariatrischen Operationen und Alternativen
Die gastrointestinale Aufnahme von Wirkstoffen hängt von mehreren Faktoren ab: vom pH des Milieus, der Oberfläche des betroffenen Organs, der Peristaltik, der Permeabilität, der Durchblutung, der Anwesenheit von Nahrung und von Xenobiotika. Sie hängt auch ab von den Eigenschaften des Medikaments: galenische Zubereitung des Wirkstoffs, Löslichkeit in Wasser respektive im hydrophoben Milieu, seiner Eigenschaften als Säure oder Base, seiner Polarität, der Größe des Moleküls. Durch eine Verkleinerung des Magens wird die Produktion von Magensäure verringert, was sich auf den pH des Darms auswirkt. Die Aufnahme von Wirkstoffen und die Permeabilität vom Darm in das Blut hängt bei operierten Patienten von der Länge des noch vorhandenen Dünndarms ab, zumal die Oberfläche pro Längeneinheit vom Duodenum zum Rektum abnimmt. Zusätzlich kompliziert wird die Voraussagbarkeit der Aufnahmekapazität dadurch, dass sich nach chirurgischen Interventionen Adaptionsphänomene entwickeln (Hypertrophie der Schleimhaut), wodurch sich die Aufnahme von Arzneistoffen kompensatorisch erhöht.
Nicht-steroidale Antirheumatika (Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen, ASS (über 100 mg)) erhöhen das Risiko für Anastomosenulcus und Blutungen erheblich. Alternative: Paracetamol, Metamizol-Natrium oder COX-2-Hemmer.
Kortikosteroide(Prednisolon, Dexamethason, Hydrocortison) können die Magenschleimhaut schädigen. Falls nötig, unter Magenschutz einnehmen.
„Retard“- Präparate sind mit verlängerter Wirkstofffreisetzung (Metformin retard, Oxycodon retard, Venlafaxin). Die Resorption im Darm ist verändert, daher kann die Wirkung unzuverlässig sein. Alternative: Nicht-retardierte Präparate bevorzugen oder wenn nach Herstellerangaben möglich, die Kapseln öffnen und den Medikamenteninhalt einnehmen
Orale Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer (ASS (über 100 mg), Clopidogrel, Warfarin, Apixaban) in der Regel keine Anpassung der Medikation erforderlich.
Bestimmte Antibiotika (Doxycyclin, Clindamycin, Tetrazykline) können schlechter resorbiert werden und Magenprobleme verursachen.
Medikamente mit hohem Alkohol- oder Zuckergehalt (Flüssige Schmerzmittel mit Zucker) können zu Dumping-Syndrom führen.
Orale Kontrazeptiva („Pille“) Die Resorption kann reduziert sein, wodurch die Wirkung beeinträchtigt wird. Alternative: Hormonimplantat, Spirale oder Dreimonatsspritze.
Antidepressiva und Antipsychotika:
Amitriptylin, Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Risperidon, Ziprasidon, Lithiumcarbonat – Die Löslichkeit kann signifikant geringer sein und dadurch kann bei bei diesen Medikamenten eine Dosisanpassung bzw. -erhöhung notwendig sein.
Die Löslichkeit unverändert: Citalopram, Venlafaxin, Trazodon, Haloperidol und für die meisten Tranquilizer;
Die Löslichkeit größer.: Bupropion
Die antipsychotische Medikation ist bis 24 Stunden vor der Operation aufrecht zu erhalten.
Bei obligaten Olanzapin und Quetiapin- Einnahme (werden hauptsächlich im Magen und Duodenum absorbiert) bevorzugen wir wegen ihrer Säurelöslichkeit eine Schlauchmagenbildung als Anlage eines Roux-en-Y-Magenbypasses.
Außerdem empfehlen wir ein Therapeutisches Drug-Monitoring vor und nach dem Eingriff. Zumindest nach 6 und 12 Monaten wiederholen.